DÜLMEN. Nein, etwas wirklich Neues erfunden habe Andries Broekhuijsen, der auf dem Barbara-Kasernengelände Industrieroboter, vornehmlich für die Automobilindustrie, verkabelt, eigentlich nicht. "Aber Sie haben eben gezeigt, dass es vollkommen genügt, vorhandene Komponenten sinnvoll miteinander zu kombinieren, wenn man umweltfreundlich wirtschaften will", lobte der Geschäftsführer der Energieagentur NRW, Lothar Schneider.
Für diese Innovationskraft überreichte Schneider jetzt am Standort der Becker Robotic die Urkunde "Innovationsprojekt KIimaschutz".
Und eine Plakette für den Haupteingang zum Bürogebäude des Mittelständlers gab es obendrein.
Die Energieagentur NRW hofft, dass andere Unternehmen dem Dülmener Beispiel folgen, und sich gerne auch in Dülmen melden, "Wir haben dieses Energiekonzept auch auf unserer Homepage eingestellt. Und wir würden uns natürlich über möglichst viele Nachahmer sehr freuen", so Schneider.
"Klimaschutz ist für Automobilzulieferer ein echter Wettbewerbsvorteil" (Lothar Schneider)
Broekhuijsen hat für die Fertigungshalle von 5000 Quadratmetern und das ehemalige Kesselhaus (1500 Quadratmeter), das als Bürogebäude genutzt wird, eine nachhaltige Energieversorgung für Heizung, Kühlung und Stromversorgung installiert: Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe, große Energiespeicher für Strom, Photovoltaik und - derzeit noch in Planung - ein Mini-Windrad sollen den Betrieb zu 90 Prozent autark mit Energie versorgen. "Wir haben allerdings auch noch einen konventionellen Gasbrennwertkessel eingebaut, sozusagen als Notnagel", erklärt der Unternehmer.
Natürlich habe ihn auch die Diskussion um den Klimawandel dazu bewogen, beim kompletten Neustart seiner Firmengebäude auf der alten Bundeswehrkaserne über alternative Energiekonzepte nachzudenken.
Aber Broekhuijsen ist zuallererst Unternehmer, und so musste er auch Banken finden, die sein Projekt unterstützen. "Insgesamt haben wir eine knappe Million Euro investiert", erklärt Broekhuijsen. Und im Laufe von 20 Jahren sollen durch Einsparungen beim Energieeinkauf, aber auch durch Erlöse beim Energieverkauf rund eine Million Euro Überschuss erwirtschaftet werden. Wenn alles rund läuft, dann soll die selbst erzeugte Energie in der Heinrich-Leggewie-Straße etwa 100.000 Euro jährlich an Energiekosten einsparen. Mit den Stromspeichern klappte es zunächst noch nicht, der Hersteller musste die Module zurücknehmen und überarbeiten. Das Energie-Konzept überzeugte die VR-Bank Westmünsterland, die bei der Finanzierung hilft.
Die Chancen, dass Broekhuijsen auch in Zukunft seine Kredite pünktlich bedienen kann, stehen nicht schlecht, denn die vorhandenen Hallenkapazitäten für die Ausrüstung von Industrierobotern reichen längst nicht mehr aus.
"Wir können aktuell etwa 100 Roboter unterbringen, aber allein VW hat in einer einzigen Anlage in Wolfsburg rund 2000 Roboter in Betrieb", berichtet Broekhuijsen. Also muss in naher Zukunft eine weitere Halle gebaut werden, der Platz ist vorhanden. Auch die Roboter der Porsche-Fertigung in Leipzig werden Kabel made in Dülmen tragen. "Die großen Automobilhersteller achten auch bei ihren Zulieferern immer darauf, dass diese klimafreundlich produzieren", sieht Schneider in der einzigartig autarken Energieerzeugung einen echten Wettbewerbsvorteil für das Dülmener Unternehmen. www.energieagentur.nrw
Bericht von Michael Michalak in der Dülmener Zeitung am 21. August 2020